Neuss. Einer nicht alltäglichen Thematik widmete sich das „forum vocale köln“ anlässlich seines Konzertes in der Pfarrkirche Hl. Dreikönige. Hoheliedvertonungen von der Gregorianik bis zur Gegenwart hatten Georg Bours und seine 19 Sängerinnen und Sänger der leider nicht allzu großen Besucherschar mit nach Neuss gebracht. „Die herrlichste Sammlung Liebeslieder, die Gott erschaffen hat“, so bezeichnete Goethe das „Hohelied Salomonis“.
Die geistig-eheliche Liebe zwischen Gott und Israel ist in diesen bildhaften und erotischen Texten gleichzeitig schwärmerische Schilderung der Liebe zwischen Mann und Frau. Komponisten aller Epochen ließen sich davon zu ganz unterschiedlichen musikalischen Deutungen inspirieren.
Bours hatte sich, seiner musikalischen Neigung entsprechend, überwiegend für Tonschöpfungen des 15. bis 17. Jahrhunderts entschieden. John Dunstable (1380-1453) und Alexander Agricola (1446-1506) waren ebenso vertreten wie Henry Purcell (1659-1695), Orlando di Lasso (1532-1594) oder Melchior Franck (1580-1639). Das Interesse, einmal solch unbekannte Kompositionen kennen zu lernen, wurde allerdings irgendwann durch eine nicht zu leugnende Gleichförmigkeit getrübt. So waren die klangvollen „Tota pulchra“-Vertonungen von Anton Bruckner und Maurice Duruflé eine willkommene Abwechslung, ebenso wie zwei Orgelintermezzi, mit denen Kantor Michael Führer den Sängern zu einer Erholungspause verhalf.
Georg Bours hat das „forum vocale“ 1981 gegründet und mit seinem stimmlich vorgebildeten Sängerpotenzial einen hohen Standard erreicht. Der Chorklang ist ausgewogen und schwebend, dazu bis auf einige Trübungen in den Männerstimmen (Purcell: Anthem) intonationssicher. Ohne Qualitätsverlust kann der Leiter, der engagiert, manchmal mit allzu ausladender Gestik dirigierte, seine Vokalisten solistisch einsetzen.
Was ein wenig störte, waren die
häufigen Standortwechsel. Natürlich musste zu den orgelbegleiteten Werken die
Empore erklommen werden, aber warum mal in den Seitenschiffen, mal unter der
Orgelempore gesungen wurde, blieb ein Rätsel. Ruhe und Sammlung kehrten erst
ein, als das „forum“ sich endlich im Altarraum zusammenfand und mit fünf
Hohelied-Motetten von Franck und den eindrucksvollen, meditativen „Lyrischen
Motetten — Die Blume des Scharon“ von Jürg Baur (geboren 1918) einen
meisterlichen Schlusspunkt setzte. Heide
Oehmen