Orgelkonzert
Hl. Dreikönige Neuss
11. Mai 2008, 20.00 Uhr
Charles
Marie Widor (1845-1937)
Symphonie IV in f (3. Edition, 1901)
Toccata
Fugue (Moderato assai)
Andante cantabile (Dolce)
Scherzo (Allegro vivace)
Adagio
Finale (Moderato)
Nicolaus Hasse (ca.1617-1672)
Komm, Heiliger Geist, Herre Gott
(Choralfantasie)
Alan Ridout (*1934)
Canticle
of the Rose
Earth (Erde)
Father (Vater)
Fire (Feuer)
Son (Sohn)
Air (Luft)
Spirit (Geist)
Water (Wasser)
Postlude
(Nachspiel)
An
der Orgel: Michael Führer
Ich
spielte Widors 4. Symphonie zum erstenmal am 12. 9. 1982 im Neusser Münster.
Am Vorabend begeisterte mich die Idee einer
Deutung, die ich meinem Tagebuch anvertraute und hier wiedergeben möchte:
I. Eine majestätische Toccata, vergleichbar der
Einleitung zu Monteverdis Orfeo (eine lehrreiche Enttäuschung für alle, die ein
schnelles Stück, wie die bekannte der V. erwartet haben), ein richtiger
Triumphzug, "Seht, der König kommt" blasen die Trompeten. Immer mehr
Instrumente kommen herein, einer spielt ein Solo, alle stimmen in die Kadenz
ein. Nun erscheint eine ganze Gruppe, entfernt sich, kommt wieder näher, und
schließlich, als alle wieder angekommen sind, noch ein Solo und das
abschließende Tutti.
II. Die Fuge, vornehm singend verschmelzen die
Grundstimmen zur Ansprache des Königs (Principal).
III. Dann (zuerst meint man, man hört gar
nichts, so leise und von weither kommt es) die Antwort aus dem Himmel: Voix
celeste, mit Engelstimmen. Alle stimmen ein mit dem Amen der Grand Orgue. Und
wieder die Engel, doch sieh, da kommt ein Bote zu uns heruntergeflogen und
damit wir es gut verstehen, erklärt er uns die Botschaft noch einmal ganz
deutlich mit seiner Flötenstimme, und die Engel begleiten ihn dabei.
IV. Scherzo: Die Freude über die gute Botschaft,
die der Engel gebracht hat, einerseits übersprudelnd, andererseits leise wie
der Windhauch der die Blätter bewegt, wie Wellen.
V. Vox humana, die Stimmen der Menschen, die
ihre Anliegen und Fragen vortragen, worauf der König antwortet, sehr klar, mit
großer Autorität, aber auch differenziert, auf die Fragen eingehend. Die Fragen
der Menschen wollen kein Ende nehmen, schließlich aber erscheint der Engel
wieder und sie kommen zur Ruhe.
VI. So vereinigen sich wieder alle zum großen
Lobgesang des Finale. Es konzertieren verschiedene Gruppen miteinander, und
alle stimmen immer wieder ein in das schöne Ritornell.
Nicolaus Hasse war Mitglied einer berühmten
Musikerfamilie: seine Vater, Peter Hasse der Ältere, war Organist an der
Lübecker Marienkirche - noch bekannter wurde dessen Urenkel Johann Adolph Hasse
(1699-1783). Nicolaus Hasse wurde 1642 Organist der St.-Marien-Kirche in Rostock.
Alan Ridout studierte bei Gordon Jacob und
Herbert Howells am Royal College of Music, sowie später bei Peter Racine
Fricker, Michael Tippett und bei dem holländischen Komponisten Henk Badings. Er
unterrichtete an 4 Universitäten, darunter Oxford und Cambridge und war über 20
Jahre Professor am Royal College of Music.
Canticle of the Rose bezieht sich auf ein
Gedicht von Edith Sitwell und ist inspiriert von dem Rosetten-Fenster in
St.Alban's Cathedral, zu dessen Einweihung am 26. 9. 1989 in Gegenwart von
Prinzessin Diana die Sätze Father, Son und Spirit im Gottesdienst uraufgeführt
wurden und die Fanfare des Postlude bei der Enthüllung des Fensters erklang.