My Virginals

 

Im deutschen Sprachraum wird mit Virginal stets ein Instrument mit zur Klaviatur quer ver­laufen­den Saiten (nicht immer klar abgegrenzt vom ähnlich definierten Spinett) bezeich­net, die mittels einer Springermechanik gezupft werden.  In England dagegen wurde dieser Begriff zur Zeit der Virginalisten und der großen Virginalbücher unterschiedslos für alle gezupf­ten Tasteninstrumente, also auch für Cembali, verwandt. Dabei sind dort selbst zu dieser Zeit nur wenige Instrumente gebaut, dafür aber umsomehr importiert worden, vor allem aus Italien und Flandern. Diese CD stellt nun zwei Nachbauten solcher Instrumente des 17. Jahrhunderts vor und versucht gleichzeitig einen Querschnitt - früher vielleicht auch gerne als Florilegium oder Blütenlese bezeichnet - der dafür typischen europäischen Musik des 16. und 17. Jahr­hunderts zu präsentieren.

Nachdem ich 1975 Erfahrungen mit einem Heugel-Bausatz (venezianisches Cembalo, ähnlich dem auch auf dieser CD verwendeten) gesammelt hatte, baute ich 1977/78, angeregt durch Gespräche mit Jean-Pierre Batt, mein erstes Instrument, bei dem ich alle Teile selbst an­fer­tigte: das auf dieser CD vorgestellte Virginal. Während des Studiums bei Jos van Immer­zeel 1974/75 in Antwerpen hatte ich regelmäßig Gelegenheit, unter anderem das 1650 von Johan­nes Couchet gebaute Virginal im Museum Vleeshuis zu spielen. Den Plan dieses Instrumentes benutzte ich für den Bau des Virginals, wobei ich allerdings die Stärke der Innenkonstruktion etwas reduzierte, um es dem Klang der um 1600 von den Ruckers gebauten Muselare - so werden diese Virginale, bei denen die Saite fast in ihrer Mitte gezupft wird, genauer bezeich­net - anzunähern. Auch fügte ich mit geteilten Tasten für Fis und Gis zwei Halbtöne hinzu, die von den englischen Virginalisten häufiger gebraucht werden, so daß die unterste Oktave folgendermaßen aussieht:

                                                                                               Fis  Gis

                                                                                                D    E    B

                                                                                      C    F    G    A    H    c

Diese Anordnung der Ganztöne in der großen Oktave war vor allem im 16. und 17. Jahrhun­dert so üblich, daß die meisten Kompositionen damit rechnen und viele Stücke (wie zum Beispiel "Nun lob mein Seel den Herren" von Michael Praetorius) ohne diese "kurze Oktav" nicht spielbar sind und deshalb in mancher Neuausgabe behelfsmäßig mit Pedal notiert wurden. Das vorgestellte Virginal besitzt ferner noch ein Harpichordum, d.h. ein Hilfsregister, hier nur in der Baßhälfte, bei dem Messinghäkchen die Saiten durch leichte Berührung zum Schnarren bringen (benutzt in der 6. Variation von "Ach du feiner Reiter" von Scheidt).

Die künstlerische Resonanzbodenbemalung wurde von Janine Labrum, einer englischen Sängerin, ausgeführt. Die meisten der hier abgebildeten Pflanzen und Tiere lassen sich in der Heimbacher Natur (Nordeifel) wiederfinden.

Wie schon das Virginal, so habe ich auch das italienische Cembalo 1985 nach den folgenden, vom historischen Instrumentenbau übernommenen Prinzipien gebaut: Nur Verwendung von Massivholz, kein Kunststoff (die Plektren sind aus Rabenfedern), Verleimungen nur mit Knochenleim. Trotzdem benutzte ich für das Cembalo den Heugel-Bausatz nach venezia­nischen Vorbildern, wobei ich aber einige Sperrholzteile ersetzte und die Mensur und die Verzierungen aufgrund eigener Erfahrungen mit historischen italienischen Cembali abänderte. Zusätzlich zu den beiden einzeln schaltbaren 8'-Registern besitzt das Cembalo noch ein Harpichordum für den 8' (mit beiden 8'-Registern benutzt beim Daunce, Nr. 12) und einen Lautenzug für den 8" (nicht benutzt). Obwohl das Cembalo einen Tonumfang von HH bis e3 besitzt, habe ich es für diese Aufnahme mit kurzer Oktav und, wie auch das Virginal, mittel­tönig gestimmt.

                                                                                                                                     Michael Führer

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