Heilige Dreikönige in Neuss
Die Pfarrkirche Heilige
Dreikönige in Neuss ist in zweierlei Hinsicht bemerkenswert. Erstens weicht
ihre Bauweise völlig von dem neugotischen Erscheinungsbild ab, das im 19. und
frühen 20. Jahrhundert den Kirchenbau im Rheinland beherrschte. Zweitens
befinden sich in ihr äußerst sehenswerte Glasfenster, deren Gestaltung für die
Glasmalerei des 20. Jahrhunderts wegweisend geworden sind.
Geschichte
Bis zum
Ende des 19. Jahrhunderts umfasste die Pfarre St. Quirin noch das gesamte
Neusser Stadtgebiet. Doch das rasche Ansteigen der Bevölkerung und die Entstehung
neuer Stadtviertel machten um 1900 eine kirchliche Neuorganisation der Stadt
notwendig. Der Weg dorthin wurde geebnet, als dem Kirchenvorstand von St.
Quirin im Jahre 1905 ein Barvermögen zufiel mit der testamentarischen
Verfügung, es für den Bau einer dritten Pfarrkirche zu verwenden. Nachdem die
Familie Thywissen ein Grundstück angeboten und
zugleich eine Schenkung für den Erwerb des Grundstücks gemacht hatte, schrieb
der Kirchenvorstand von St. Quirin einen Wettbewerb für den Bau der neuen Kirche
aus. Die Planvorgabe forderte einen großen Kirchenraum und einen Bau weder im
romanischen noch im gotischen Stil. Es gewann der Entwurf des Architekten
Eduard Endler (Hannover 1860 – 1932 Köln), der vor allem durch einen klar
gegliederten Baukörper überzeugte. Am 7. November 1909 legte der Kölner
Erzbischof Dr. Antonius Fischer den Grundstein, und fast genau zwei Jahre
später, am 31. Oktober 1911, benedizierte der erste Kaplan an St. Quirin,
Joseph Geller die vollendete Kirche. Am folgenden Tag wurde der Seelsorgebezirk
zum Rektorat mit Joseph Geller als erstem Rektor erhoben. Von ihm wird
anlässlich der Glasmalereien noch die Rede sein.
Bilder der Kirche
und eine Beschreibung gab es auf der Seite www.kirche-des-monats.de/2002/01.
Die Fenster
Ihre
überregionale Bedeutung verdankt die Dreikönigenkirche
den Fenstern, die der Wegbereiter der Glasmalerei des 20. Jahrhunderts, der niederländische
Künstler Jan Thorn-Prikker (Den Haag 1868 – 1932
Köln) entworfen hat. Als der Neusser Beigeordnete Thywissen
im Jahre 1911 der Kirche ein Chorfenster stiftete, übertrug Rektor Joseph
Geller dem noch unbekannten Maler nicht nur den Auftrag für dieses eine
Fenster, sondern gleich für sämtliche fünf Chorfenster und die vier Fenster des
Querschiffes. Die Genehmigung des Kölner Generalvikariats holte er dazu nicht
ein – "ich hielt es für klüger, den Auftrag geheim zu erteilen, denn
kirchliche Kreise hatten bislang kaum Fühlung mit der modernen Kunst",
meint der mutige Pfarrer dazu in seinen Lebenserinnerungen. Bereits in den
ersten sechs Monaten des Jahres 1912 vollendete Jan Thorn-Prikker
die Fenster im Stil des deutschen Expressionismus. Mittlerweile hatte jedoch
das Generalvikariat von der Eigenmächtigkeit Joseph Gellers erfahren – es
untersagte den Einbau der fertigen Fenster und suspendierte Geller 1913 von
seinem Amt. Die Fenster, die 1914 auf der Ausstellung des Deutschen Werkbundes
in Köln die überwältigende Zustimmung der Kunstwelt erfahren hatten,
verbrachten den Ersten Weltkrieg "eingemottet" im Keller von Gellers
Bruder. Erst 1919 gestattete die Erzbischöfliche Behörde dem Kirchenvorstand,
die Fenster einsetzen zu lassen. Ihnen folgte 1929 die Ausführung der aus
Symbolen und Ornamenten gestalteten Fenster des Langhauses und der Taufkapelle.
Mit den Fenstern von Jan Thorn-Prikker besitzt die
Kirche Heilige Drei Könige in Neuss unübertroffene Meisterwerke der Glasmalerei
des 20. Jahrhunderts.
Fotos und Text:
Dr. Christian Frommert
Literatur: Karl Emsbach, Max
Tauch, Kirchen, Klöster und Kapellen im Kreis Neuss, Köln: Rheinland-Verlag
1986, S. 166 – 169.
Max Tauch, Hl. Dreikönige Neuss, München: Schnell & Steiner 1990 (Schnell
Kunstführer Nr. 1806)
Anschrift:
Katholische Pfarrgemeinde
Heilige Drei Könige
Jülicher Straße 63
41464 Neuss
Tel. 02131 – 42550
Fax 02131 – 48511